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- Touristische Kurzzeitvermietung in Wien
Ausnahmebewilligung ab 1.7.2024 auch außerhalb von Wohnzonen Gerade bei längeren Auslandsaufenthalten oder fehlendem Eigenbedarf erscheint es für Vermieter naheliegend, die eigene Wohnung kurzfristig an Touristen auf Plattformen wie Airbnb oder booking.com zu vermieten. Vor dem Hintergrund der Bauordnungsnovelle 2023 werden in diesem Beitrag die damit einhergehenden, strengeren Bestimmungen für "Kurzzeitvermieter" in Wien (nur) aus baurechtlicher Sicht beleuchtet. Nicht berücksichtigt werden in diesem Beitrag die darüber hinaus geltenden wohnungseigentumsrechtlichen, gewerberechtlichen und weiteren öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen für eine Kurzzeitvermietung. Nach der bereits im Dezember 2023 in Kraft getretenen Bauordnungsnovelle ist auch die Kurzzeitvermietung außerhalb von Wohnzonen ab dem 1.7.2024 nur mehr mit Ausnahmebewilligung möglich. Vor Inkrafttreten der Bauordnungsnovelle war bereits eine Ausnahmebewilligung nach § 7a Abs 5 Bauordnung für Wien für die Kurzzeitvermietung von Wohnungen notwendig, die innerhalb einer Wohnzone liegen. Die bestehenden Regelungen nach § 7a Abs 5 Bauordnung für Wien wurden ebenso verschärft. Ob sich das jeweilige Objekt in einer Wohnzone befindet, lässt sich anhand des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans beurteilen. Wann ist von Kurzzeitvermietung auszugehen? Gewerbliche Kurzzeitvermietung im Sinne der Bauordnung für Wien liegt vor, sofern Wohnräume regelmäßig für Beherbergungszwecke gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden. Die Judikatur geht von Kurzzeitvermietung bei einer Vermietung von bis zu 30 Tagen aus. Einzelne Vermietungen über diese Zeitspanne hinaus werden aber ebenso dazugezählt. Bei einer gewerblichen Kurzzeitvermietung der eigenen Wohnungen mit aufrechter Wohnsitzmeldung über einen gesamten Zeitraum von 90 Tagen pro Kalenderjahr hinaus, für die eine Verpflichtung zur Entrichtung einer Ortstaxe nach dem Wiener Tourismusförderungsgesetz besteht, ist ab dem 1.7.2024 auch für Wohnungen außerhalb einer Wohnzone eine Ausnahmebewilligung nach § 129 Abs 1a Bauordnung für Wien erforderlich. Von der 90-tägigen "homesharing"-Ausnahme profitieren lediglich natürliche Personen als Vermieter, die Ausnahme ist mangels Wohnsitzes nicht für juristische Personen als Vermieter anwendbar. Die temporäre Vermietung an Unternehmen oder Personen aus beruflichen Gründen ist hingegen weiterhin ohne Ausnahmebewilligung erlaubt. Welchen Voraussetzungen unterliegt die Erteilung der Ausnahmebewilligung außerhalb einer Wohnzone? Der Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung für die Kurzzeitvermietung kann vorab beim Magistrat der Stadt Wien – Magistratsabteilung 37 eingebracht werden. Folgende Voraussetzungen sind – neben der Einhaltung der sonstigen baurechtlichen (insbesondere auch brandschutztechnischen) Bestimmungen – zu erfüllen: 1. Die Wohnung liegt außerhalb einer Wohnzone und befindet sich nicht im Grünland oder in einem Kleingartengebiet. 2. Für die Errichtung der betroffenen Wohnung wurden keine Wohnbauförderungsmittel in Anspruch genommen (Hintergrund ist, dass geförderter Wohnbau nicht zweckentfremdet werden soll). 3. Die Mehrzahl der Wohnungen innerhalb des Gebäudes wird weiterhin zu Wohnzwecken genutzt. 4. Nicht mehr als 50 % der Nutzungseinheiten der Liegenschaft dürfen der gewerblichen kurzfristigen Beherbergung dienen. 5. Sämtliche Mit- bzw. Wohnungseigentümer haben der gewerblichen Kurzzeitvermietung schriftlich zugestimmt (wobei eine Zustimmung der Wohnungseigentümer möglicherweise schon vorab im Wohnungseigentumsvertrag erteilt werden kann). Ausnahmebewilligungen gemäß § 129 Abs 1a Bauordnung für Wien werden allerdings nur für einen Zeitraum von fünf Jahren vergeben. Vor Ablauf einer erteilten Bewilligung ist daher fristgerecht um Erteilung einer neuen Ausnahmebewilligung beim Magistrat der Stadt Wien anzusuchen. Durch die strengeren Voraussetzungen für die Kurzzeitvermietung soll der Wohnraum in Wien langfristig für Wohnzwecke erhalten bleiben und nicht für Zwecke der touristischen Kurzzeitvermietung "zweckentfremdet" werden. Rechtsfolgen mangels Ausnahmebewilligung? Mangels Ausnahmebewilligung ist die Behörde berechtigt, mittels Bescheides die Beendigung der zweckwidrigen Verwendung aufzutragen. Weiters drohen bereits beim Anbieten einer Wohnung zur Kurzzeitvermietung ohne Ausnahmebewilligung nicht unbeachtliche Verwaltungsstrafen in Höhe von bis zu € 50.000,00 oder eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu zwei Wochen. Christoph Henseler, Dana Schilling
- Werkvertrag
ÖNORM B 2110 und offensichtliche Baumängel Es kommt auf Erkennbarkeit für den Besteller oder seine Vertreter an Punkt 10.6.2 der ÖNORM B 2110 lautet: " Übernimmt der AG die Leistung trotz Mängeln, bedeutet dies keinen Verzicht auf seine Gewährleistungsansprüche. Dies gilt aber nicht für nicht gerügte offensichtliche Mängel. " Diese Bestimmung aus der Ausgabe 2013 der ÖNORM B 2110 blieb bei der Neuausgabe vom 1.5.2023 unverändert. In der aktuellen Entscheidung 8 Ob 114/23g verweist der Oberste Gerichtshof darauf, dass für die Beurteilung, ob Mängel eines Werks offensichtlich sind oder nicht, der Zeitpunkt der Ablieferung maßgebend ist. "In die Augen fallende" Mängel liegen regelmäßig nur dann vor, wenn sie auch ohne nähere Überprüfung nicht zu übersehen sind. Offensichtlichkeit ist aber nicht mit tatsächlichem Erkennen gleichzusetzen. Es kommt nach Ansicht des OGH somit nicht auf die subjektive Wahrnehmung des Bestellers an, weil eine solche Betrachtungsweise die strenge Kontroll- und Rügepflicht nach Punkt 10.6.2 der ÖNORM B 2110 praktisch gegenstandslos machen würde und dann auch bloßes sorgloses Übersehen später noch nachgeholt werden könnte. Der OGH hat sich in dieser Entscheidung aber auch mit der Funktion der örtlichen Bauaufsicht (ÖBA) auseinandergesetzt und ausgesprochen, dass Tatsachen, die der ÖBA als Vertreterin der Bestellerin zur Kenntnis gelangt sind, diese sich wie eigenes Wissen zurechnen lassen muss, wenn die ÖBA, wie im vorliegenden Fall als "Bauherrenvertreterin" namhaft gemacht wurde. In dem vom OGH im Rahmen der Entscheidung zu prüfenden Sachverhalt war das Fehlen der Wärmedämmung für die örtliche Bauaufsicht erkennbar. Es wäre daher nach Ansicht des OGH ihre Sache gewesen, sich vom Abschluss der Verlegung der Dämmung zu überzeugen. Da die unterbliebene Dämmung im gegenständlichen Fall auch nicht in Rechnung gestellt wurde, wäre das Fehlen für die ÖBA daher auch bei der Prüfung der Schlussrechnung als Abweichung von den Positionen des Anbots erkennbar gewesen. Interessant ist, dass der OGH die strengen Folgen des Punktes 10.6.2 der ÖNORM B 2110 auch eintreten lässt, wenn eine förmliche Übergabe trotz Aufforderung des Werkunternehmers nicht stattgefunden hat. Mit Verweis auf Punkt 10.2.2 der ÖNORM B 2110 gilt für den OGH die Übernahmefiktion selbst dann, wenn Mängel vorliegen, die den schweigenden Auftraggeber nach Punkt 10.5.1 der ÖNORM B 2110 berechtigen würden, die Übernahme zu verweigern, zumal er solche Mängel bei der Übernahme substantiieren müsste. Unterlässt er dies, treten nach Ansicht des OGH die Rechtsfolgen der Übernahme ein. Der Einwand des Bestellers, dass ihm eine Rüge bei einer nur fiktiven Übernahme nicht möglich gewesen wäre, überzeugte den OGH nicht, weil Mängel nach der ÖNORM B 2110 ohnehin grundsätzlich schriftlich bzw. niederschriftlich festzuhalten sind (s Punkt 11.2.3.1) und dies daher jederzeit hätte erfolgen können. Für die Praxis zeigt diese Entscheidung, dass Mängel oder fehlende Leistungen jedenfalls dann als offensichtlicher Mangel iSd Punkt 10.6.2 ÖNORM B 2110 anzusehen sind, wenn diese für die örtliche Bauaufsicht bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennbar gewesen wären. In diesen Fällen scheitert eine spätere Geltendmachung mangels fristgerechter Rüge. Petra Rindler
- Grundbuch
Gebührenbefreiung beim Immobilienkauf ab 1.4.2024 Bei einem Immobilienkauf fällt gemäß Gerichtsgebührengesetz (GGG) für die Eintragung des Eigentumsrechts im Grundbuch eine Eintragungsgebühr in Höhe von 1,1 % des Immobilienkaufpreises an, die von Käufern zu tragen ist. Wird zudem zugunsten einer finanzierenden Bank ein Pfandrecht grundbücherlich einverleibt, kommt noch eine Eintragungsgebühr in Höhe von 1,2 % der besicherten Kreditsumme hinzu. Im Rahmen des von der Regierung initiierten Konjunkturpaketes "Wohnraum und Bauoffensive" hat der Nationalrat am 20.3.2024 eine temporäre Änderung des GGG beschlossen, die eine Gebührenbefreiung bei Anschaffung oder Errichtung einer Wohnstätte zur Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses vorsieht. Was genau wurde geändert? Die Abschaffung der Eigentumsrechts- und Pfandrechtseintragungsgebühr gilt bis zu einer Bemessungsgrundlage von € 500.000 . Für einen Kaufpreis oder Pfandbetrag, der über dieser Grenze liegt, soll die Gebührenbefreiung nicht gelten. Wenn die Bemessungsgrundlage mehr als € 2 Mio. beträgt ("Luxusimmobilie"), besteht überhaupt keine Gebührenbefreiung (also auch nicht für den unter € 500.000 liegenden Teil). Die Befreiung von der Eintragungsgebühr gilt nach den Gesetzesmaterialien auch für den Erwerb eines Baurechtes und für den derivativen Erwerb eines Bauwerks (Superädifikat). Die Gebührenbefreiung gilt nur für den entgeltlichen Erwerb. Nicht davon erfasst ist daher beispielsweise der Erwerb durch Erbanfall oder durch Schenkung. Ab wann tritt die Gebührenbefreiung in Kraft? Die Regelung tritt für Kaufverträge in Kraft, die ab dem 1. April 2024 abgeschlossen werden, sofern der Eintragungsantrag zwischen dem 1. Juli 2024 und dem 30. Juni 2026 beim Grundbuchsgericht eingereicht wird. Die Maßnahme ist daher auf zwei Jahre befristet . Zentrale Voraussetzung der Begünstigung? Zentrale Voraussetzung der Begünstigung ist ein dringendes Wohnbedürfnis der einzutragenden Person. Laut den Gesetzesmaterialien muss der Erwerber daher zwingend eine natürliche Person sein. Auf der Liegenschaft, an der (Allein-, Mit- oder Wohnungs-) Eigentum erworben wird, muss ein Wohngebäude stehen oder die Errichtung eines Gebäudes geplant sein, das der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses der einzutragenden Person dient. Für eine Befreiung von der Pfandrechtseintragungsgebühr ist weiters Voraussetzung, dass der pfandrechtlich gesicherte Betrag ausschließlich oder doch zu mehr als 90 % zum Erwerb, zur Errichtung oder Sanierung der Wohnstätte auf der erworbenen Liegenschaft aufgenommen wurde. Im Falle des Erwerbs durch mehrere Personen (Miteigentum oder Eigentümerpartnerschaft) ist auch nur eine teilweise Begünstigung denkbar , die dann eben nur jenen Erwerber betrifft, der ein dringendes Wohnbedürfnis nachweisen kann. Welche Nachweise sind erforderlich? Zum Nachweis des dringenden Wohnbedürfnisses ist einerseits eine Meldebestätigung des Hauptwohnsitzes am Kaufgegenstand, anderseits aber auch ein Nachweis darüber erforderlich, dass das Wohnrecht an einer bisher zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwendeten Wohnstätte aufgegeben wurde. Die Aufgabe des bisherigen Wohnrechtes ist entweder durch eine Bestätigung des bisherigen Quartiergebers (z.B. Vermieter) nachzuweisen, oder es ist zu belegen, dass die bisher als Lebensmittelpunkt genutzte Eigentumswohnung verkauft, für zumindest fünf Jahre vermietet oder sonst übertragen wurde. Der erforderliche Nachweis, dass der Kreditbetrag zum Erwerb oder zur Schaffung des Wohnraums aufgenommen wurde, muss durch eine Bestätigung des Pfandgläubigers (also in der Regel der finanzierenden Bank oder Bausparkasse) erbracht werden. Die Vorlage des Kreditvertrages reicht laut den Gesetzesmaterialien hierfür nicht aus. Kann die Gebührenbefreiung nachträglich wegfallen? Die Gebührenbefreiung entfällt nachträglich, wenn innerhalb von fünf Jahren ab Übergabe oder Fertigstellung der Wohnstätte entweder das Eigentumsrecht daran aufgegeben wird oder das dringende Wohnbedürfnis an der Wohnstätte wegfällt. In diesem Fall wird die Gebühr durch das Grundbuchsgericht nachträglich eingehoben. Solche Umstände, die zum Wegfall der Gebührenbefreiung führen, sind dem Grundbuchsgericht oder der Vorschreibungsbehörde innerhalb eines Monats nach ihrem Eintritt anzuzeigen. Christoph Henseler, Frank Reiser
- Damokles und die Gegendarstellung
Chancen und Risken im medienrechtlichen Entgegnungsverfahren Wer durch eine in einem periodischen Medium verbreitete unwahre Tatsachenmitteilung persönlich betroffen ist, hat gemäß § 9 Mediengesetz Anspruch auf eine unentgeltliche, im gleichen Medium zu veröffentlichende Gegendarstellung. In dieser früher als Entgegnung bezeichneten Mitteilung ist in knapper Weise auszuführen, dass und inwieweit die Tatsachenmitteilung unrichtig oder unvollständig ist und woraus sich dies ergibt. Die Gegendarstellung kann sprachlich frei gestaltet werden. Sie muss entweder die Tatsachen anführen, die im Gegensatz zur Tatsachenmitteilung richtig sind oder letztere in einem erheblichen Punkt ergänzen, oder sich sonst unmittelbar auf die Tatsachenmitteilung und deren Unrichtigkeit oder irreführende Unvollständigkeit beziehen. Ihr Umfang darf nicht außer Verhältnis zum Umfang der Tatsachenmitteilung stehen. Die Veröffentlichung der Gegendarstellung erfolgt auf Kosten des Medieninhabers, also zB des Zeitungsverlages oder Fernsehsenders, der die unwahre Tatsachenmitteilung verbreitet hat, und muss den gleichen Veröffentlichungswert haben wie die vorangegangene Tatsachenmitteilung. Befand sich diese etwa auf der Titelseite einer Tageszeitung, dann muss auch die Gegendarstellung auf die Titelseite dieser Zeitung gedruckt werden, die gleiche Schriftgröße aufweisen und ungefähr den gleichen Raum einnehmen. Um die Aktualität zu wahren, gelten kurze Fristen. So müssen Gegendarstellungen in täglich erscheinenden periodischen Medien spätestens am fünften Werktag nach Einlangen des schriftlichen Veröffentlichungsbegehrens veröffentlicht werden. Betrifft die Gegendarstellung eine Tatsachenmitteilung, die in einem Online-Medium erschienen ist, dann ist sie auf der betreffenden Website einen Monat lang abrufbar zu machen. Wenn die Tatsachenmitteilung jedoch weiterhin abrufbar ist, dann ist die Gegendarstellung ebenso lange wie die Tatsachenmitteilung und bis zu einem Zeitpunkt abrufbar zu halten, der einen Monat nach der Löschung der Tatsachenmitteilung liegt. Was auf den ersten Blick relativ klar und unproblematisch erscheint, entpuppt sich jedoch bei näherem Hinsehen als juristisches Minenfeld. Sowohl was die Form als auch was den Inhalt der begehrten Gegendarstellung betrifft, sind zahlreiche Vorgaben und Einschränkungen zu beachten. So besteht gemäß § 11 Mediengesetz unter anderem dann keine Verpflichtung des Medieninhabers zur Veröffentlichung der Gegendarstellung, wenn diese, sei es auch nur in einzelnen Teilen, ihrem Inhalt nach unwahr ist; wenn die Tatsachenmitteilung für den Betroffenen unerheblich ist; wenn die Veröffentlichung, auf die sich die Gegendarstellung bezieht, auch die Behauptung des Betroffenen wiedergibt und diese Wiedergabe einer Gegendarstellung gleichwertig ist; wenn dem Betroffenen zu einer Stellungnahme in derselben oder einer anderen gleichwertigen Veröffentlichung Gelegenheit geboten worden ist, er davon aber keinen Gebrauch gemacht hat; wenn vor Einlangen der Gegendarstellung bereits eine gleichwertige redaktionelle Richtigstellung oder Ergänzung veröffentlicht worden ist; oder wenn die Gegendarstellung nicht binnen zwei Monaten nach Ablauf des Tages, an dem die Tatsachenmitteilung veröffentlicht oder abrufbar gemacht worden ist, beim Medieninhaber oder in der Redaktion des Medienunternehmens eingelangt ist. Wenngleich die Gegendarstellung sprachlich frei gestaltet werden kann, muss die zu veröffentlichende "Antithese" inhaltlich deckungsgleich mit der bekämpften "These", also der unwahren Tatsachenmitteilung sein, nur eben mit umgekehrtem Vorzeichen. Die Entgegnung darf also nicht über den Kern dessen hinausgehen, was ursprünglich als falsche Tatsache verbreitet wurde. Da sich Gegendarstellungen nur auf Tatsachenmitteilungen beziehen können, sind bloße Meinungsäußerungen oder Werturteile nicht entgegnungsfähig. Dies gilt zB für Mitteilungen wie "Das Essen im überteuerten Restaurant XY schmeckt nicht gut" oder "Die Darbietung des untalentierten Schauspielers N.N. war grottenschlecht", auch wenn solche Mitteilungen für die Betroffenen sehr unangenehm sind und subjektiv als unberechtigt empfunden werden können. Es erweist sich daher in der Praxis oft als schwierig, die Veröffentlichung einer Gegendarstellung gerichtlich durchzusetzen, wenn sich der Medieninhaber weigert, diese freiwillig vorzunehmen. Zuständig für das in diesem Fall einzuleitende, nach strengen formalen Kriterien ablaufende medienrechtliche Verfahren ist das mit der Gerichtsbarkeit in Strafsachen betraute örtlich zuständige Landesgericht. Auch hier gelten kurze Fristen, nämlich sechs Wochen für die Antragsstellung und fünf Werktage für die Erhebung von Einwendungen durch den Antragsgegner und für die Erstattung einer Gegenäußerung durch den Antragssteller. Das Gericht hat dann binnen 14 Tagen eine Hauptverhandlung durchzuführen und mit mündlich zu verkündendem Urteil zu entscheiden. Gelingt es einem von einer unwahren Tatsachenmitteilung Betroffenen trotz der oben dargestellten juristischen Herausforderungen, ein auf Veröffentlichung der Gegendarstellung lautendes Urteil zu erwirken, dann steht er jedoch unter Umständen vor einem noch viel größeren Problem. Hier kommt nämlich der im Titel erwähnte Damokles ins Spiel. Gleich dem drohend über dem Haupt des armen Damokles schwebenden Schwert türmt sich nämlich vor dem vermeintlich glücklichen Gewinner des erstinstanzlichen Entgegnungsverfahrens eine unter Umständen existenzbedrohende Kostenforderung auf. Zu dieser in der Praxis oft übersehenen, in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen aber geradezu haarsträubenden Konsequenz kann es dann kommen, wenn die dem Antragsgegner vom Erstgericht aufgetragene Veröffentlichung auf einer Website zu erfolgen hat. Wie bereits erwähnt, ist die Veröffentlichung dort mindestens einen Monat lang abrufbar zu machen, und zwar spätestens ab dem fünften Werktag nach mündlicher Urteilsverkündung. Erhebt nun aber der Antragsgegner gegen das Urteil des Erstrichters Berufung und wird der Berufung vom Oberlandesgericht ganz oder teilweise Folge gegeben, dann kann er vom Antragssteller gemäß § 17 Abs 5 Mediengesetz nicht nur die Kosten der Veröffentlichung des Berufungsurteils, sondern darüber hinaus auch die Bezahlung eines angemessenen Einschaltungsentgelts für die – wie sich nun nachträglich herausstellt – zu Unrecht erwirkte Veröffentlichung der Gegendarstellung verlangen. Diese Kosten sind nach dem Tarif für Werbe-Inserate zu bemessen und können bei einem Online-Medium mit großer Reichweite unter Umständen mehrere hunderttausend Euro betragen. Wenn man bedenkt, dass diese exorbitante Kostenforderung die Folge eines – zumindest vom Berufungsgericht als solches angesehenen – Fehlurteils des Erstrichters ist, auf welches der Antragsteller letztlich keinen Einfluss hat, dann bedeutet dies im Ergebnis, dass dieser einem nicht kontrollierbaren Kostenrisiko ausgesetzt ist. Angesichts der potenziell existenzbedrohenden Höhe dieses Risikos muss ein wirtschaftlich denkender, verantwortungsbewusster Mensch von der gerichtlichen Durchsetzung seines im Mediengesetz statuierten Entgegnungsrechts daher von Vornherein Abstand nehmen, wenn er nicht riskieren will, in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten zu geraten. De facto führt dies in solchen und ähnlich gelagerten Fällen zu einer völligen, an Rechtsverweigerung grenzenden Aushöhlung des Entgegnungsrechts. Das hat kürzlich auch der Verfassungsgerichtshof erkannt und die Bestimmung des § 17 Abs 5 Mediengesetz in einem von der Wiener Stadträtin Ulli Sima gegen die Website " oe24.at " angestrengten Verfahren als verfassungswidrig aufgehoben (VfGH 15.3.2023, G 297/2022). Die verfassungswidrige Bestimmung tritt (erst) mit Ablauf des 30. Juni 2024 außer Kraft und ist somit bis dahin weiterhin anzuwenden. Potenzielle Antragssteller seien daher gewarnt und an den armen Damokles erinnert. Peter Karlberger
- Mietrecht
OGH-Entscheidung zur Wertsicherung von Mietverträgen Aktuell sind Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen aufgrund der hohen Inflation in den medialen Fokus gerückt. Üblicherweise sehen Wertsicherungsklauseln vor, dass der vertraglich vereinbarte Mietzins angehoben werden kann, wenn dieser an den Verbraucherpreisindex (VPI) gekoppelt ist. Der OGH befasste sich in einer aktuellen Entscheidung (OGH 21.3.2023, 2 Ob 36/23t) unter anderem mit der Rechtswirksamkeit derartiger Klauseln. Konkret ging es um die Formulierung der in formularmäßigen Mietverträgen weit verbreiteten Wertsicherungsklausel " der Mietzins wird auf den Verbraucherpreisindex 1976 (VPI) wertbezogen; sollte dieser Index nicht mehr verlautbart werden, gilt jener als Grundlage für die Wertsicherung, der diesem Index am meisten entspricht ". Nach der Entscheidung des OGH steht diese Klausel im Widerspruch zu den Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG). Da sich der Anwendungsbereich des KSchG auf Mietverträge beschränkt, die ein Unternehmer auf der einen Seite mit einem Konsumenten bzw. Verbraucher auf der anderen Seite abgeschlossen hat, wird im Rahmen dieses Beitrages auf beidseitig unternehmensbezogene Geschäfte und auf zwischen Privaten untereinander abgeschlossene Mietverträge nicht weiter eingegangen. Der OGH bemängelt, dass sich aus der genannten Klausel nicht ergäbe, welcher Index an die Stelle eines ehemals verlautbarten VPI treten würde. Im Mietvertrag sei meist auch nicht näher definiert, wer die Entscheidung über die Anwendung eines neuen Indexes trifft. Schließlich könne der Vermieter bei kundenfeindlichster Auslegung dieser Bestimmung selbst darüber entscheiden, welcher Index an dessen Stelle tritt. Der Gestaltungsspielraum des Vermieters sei daher nach Ansicht des OGH bei der gewählten Formulierung unbegrenzt und unklar. Aus diesem Grund verstoße diese Wertanpassungsklausel gegen § 6 Abs 1 Z 5 und § 6 Abs 3 KSchG, womit sie als nicht wirksam vereinbart gilt. Die Folge ist, dass mangels (gültiger) vertraglicher Vereinbarung keine wertgesicherte Erhöhung des Mietzinses geltend gemacht werden kann. Weiters stellte der OGH im Sinne des § 6 Abs 2 Z 4 KSchG fest, dass eine Erhöhung des vertraglich vereinbarten Mietzinses im Regelfall in den ersten beiden Monaten nach Vertragsabschluss nicht vorgenommen werden darf. Demnach können Wertanpassungen erst ab dem dritten Vertragsmonat wirksam vereinbart werden. Anderes gelte nur, wenn ein Unternehmer nachweisen kann, dass die Wertanpassung für einen früheren Zeitraum im Einzelnen mit dem Verbraucher ausgehandelt worden ist. Dies wird jedoch im Regelfall schwer zu beweisen sein. In seiner aktuellen Entscheidung nimmt der OGH auf seine frühere Entscheidung (OGH 25.4.2019, 6 Ob 226/18f) Bezug. In dieser hatte der OGH ausgesprochen, dass die Vereinbarung der Klausel " es wird die Wertbeständigkeit des Hauptmietzinses nach dem von Statistik Austria verlautbarten VPI 2010 oder dem an seine Stelle tretenden Index vereinbart " rechtswirksam ist. Die Regelung eines Ersatzindexes in dieser Form ist somit zulässig. Hier stehe schließlich auch von vorhinein fest, welcher Index an die Stelle des ursprünglich vertraglich vereinbarten Index treten würde. Weitere Voraussetzung für die rechtswirksame Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel sind eine zweiseitige (daher nicht bloß einseitige) vertragliche Vereinbarung und die Unabhängigkeit der Wertanpassungen vom Unternehmerwillen. Bei der Wertkoppelung an den VPI ist dies grundsätzlich auch der Fall. FAZIT Es ist daher für Unternehmer empfehlenswert, die genannten Aspekte und Voraussetzungen bei Vereinbarung der Wertsicherungsklausel vor Abschluss eines neuen Mietvertrags mit einem Verbraucher zu berücksichtigen. Insbesondere sollte klar geregelt werden, welcher Index an die Stelle des ursprünglich vereinbarten Index tritt, falls dieser wegfällt. Ein nicht (näher) definierter Ersatzindex ist unzulässig. Auch gegenüber Unternehmern (also bei "B2B-Mietverträgen") sind transparente und eindeutige vertragliche Regelungen klar zu bevorzugen. Hier gilt genauso, dass eine unklare Wertsicherungsklausel im Mietvertrag im Zweifel zu Lasten des Vermieters ausgelegt würde. Der Vorteil beim unternehmensbezogenen Geschäft ist allerdings, dass eine Wertanpassung auch schon ab Beginn der Mietvertragslaufzeit vereinbart werden könnte und mit der wertgesicherten Erhöhung des Mietzinses nicht erst zwei Monate abgewartet werden muss. Christoph Henseler, Dana Schilling
- Werkvertrag
Sanierung von Mängeln – wann verjährt der Werklohnanspruch? Wird ein Projekt abgeschlossen, erfolgt in der Regel relativ zeitnah die Schlussrechnungslegung durch den Werkunternehmer. Mit der ersten objektiven Möglichkeit zur Rechnungslegung beginnt auch die Verjährungsfrist der Werklohnforderung zu laufen. In ständiger Rechtsprechung urteilt der Oberste Gerichtshof, dass ein Werkunternehmer die Fälligkeit der Werklohnforderung und damit den Beginn der Verjährung nicht willkürlich durch Verzögerung der Rechnungslegung oder durch schleppende Verbesserung gerügter Mängel nach seinem Belieben hinausschieben kann. Der Zweck der gesetzlichen Verjährungsfrist von drei Jahren liegt darin begründet, alsbald eine Klarstellung von rechtlichen Forderungen des täglichen Lebens zu erzielen, um sonst allenfalls bestehende Beweisschwierigkeiten zu vermeiden. Treten nach erfolgter Schlussrechnungslegung noch während der aufrechten Gewährleistungsfrist vom Werkunternehmer zu vertretende Mängel auf, ist der Ablauf der Verjährungsfrist unter Umständen nicht auf den ersten Blick beurteilbar. In der Rechtssache 6 Ob 121/22w hatte der Oberste Gerichtshof über die Zulässigkeit einer Werklohnforderung zu urteilen, die mehr als drei Jahre nach Schlussrechnungslegung von einem Werkunternehmer, der im Laufe der Gewährleistungsfrist diverse Mängel anerkannt und saniert hatte, gerichtlich geltend gemacht wurde. Zunächst wandte der Werkbesteller (als Kläger in einem Vorprozess) gegen den als Gegenforderung aufrechnungsweise geltend gemachten Werklohn mangelnde Fälligkeit ein, weil das Werk mit Mängeln behaftet und die Mängelbehebung verweigert worden war. Noch während dem Prozess traten neuerliche Mängel auf, die der Werkunternehmer anerkannte und sanierte. Nach erfolgter Mängelbehebung klagte der Werkunternehmer den restlich ausstehenden Teil des Werklohns ein, woraufhin der Besteller argumentierte, die Verjährung der Werklohnforderung habe bereits mit objektiver Möglichkeit zur Mängelbehebung begonnen, sodass der restliche Werklohn verjährt sei. Das Höchstgericht teilte diese Ansicht des Bestellers nicht und führte aus, dass die dreijährige Verjährungsfrist für die Werklohnforderung grundsätzlich erst dann zu laufen beginnt, wenn der Geltendmachung des Entgeltanspruchs kein rechtliches Hindernis mehr im Wege steht und für den Werkunternehmer damit die objektiv zu beurteilende Möglichkeit zur Klage gegeben ist. Werden der Werklohnforderung Mängel entgegengehalten, die die Fälligkeit hinausschieben (Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrags), beginnt die Verjährungsfrist erst dann zu laufen, wenn die die Fälligkeit hinausschiebenden Mängel behoben wurden. Wenn aber der Auftraggeber die Mängelbehebung ablehnt oder das Werk einem Dritten zur Verbesserung bzw. weiteren Bearbeitung überlässt, beginnt die Verjährung des Werklohns zu laufen, weil in diesem Fall kein die Durchsetzung des Werklohnanspruchs hinderndes Leistungsverweigerungsrecht mehr besteht. Im besonderen Fall, wenn der Werkunternehmer mit der Verbesserung gerügter Mängel in Verzug gerät oder die Verbesserung ganz unterlässt, beginnt die Verjährung mit jenem Zeitpunkt zu laufen, in dem die Beendigung der Verbesserung objektiv möglich gewesen wäre. Dabei ist es ohne Belang, ob die vom Werkbesteller gerügten Mängel bereits bei der Übergabe erkennbar waren oder erst nachträglich hervorkamen. Der Werkunternehmer anerkannte ja die von ihm zu vertretenden Mängel und führte die Sanierung durch. Seine Werklohnforderung, der die Einrede des nicht (gehörig) erfüllten Vertrags entgegensteht, beginnt somit erst dann zu verjähren, wenn die die Fälligkeit hinausschiebenden Mängel behoben sind. Es würde der gegenseitigen Treuepflicht der Vertragspartner widersprechen, wenn der Auftraggeber zunächst im Vorprozess die Aufschiebung der Fälligkeit des Werklohns einwenden könnte, um dann im nachfolgenden Gerichtsverfahren zu behaupten, die Fälligkeit sei viel früher eingetreten und der Werklohnanspruch sei verjährt. Gleiches gilt, wenn der Werkbesteller zunächst der Verbesserung zustimmt und sie durchführen lässt und dann den Verjährungseinwand erhebt. Diesfalls beginnt die Verjährungsfrist grundsätzlich erst mit der durchgeführten Verbesserung. Werkunternehmern wird vor diesem Hintergrund empfohlen, jedenfalls zeitnah nach Abschluss der Arbeiten die Schlussrechnung an den Werkbesteller zu übermitteln. Sofern während aufrechter Gewährleistungsfrist Mängel behoben und Teile der Werklohnforderung als noch nicht fällig angesehen werden, beginnt die Verjährungsfrist für jene restliche Werklohnforderung neu zu laufen, deren Fälligkeit aufgrund der gerügten Mängel hinausgeschoben wurde. Wilfried Opetnik
- Mietrecht
Aktuelle Rechtsprechung zu Mietzinsminderungsansprüchen aufgrund von Betretungsverboten während der Covid-19-Pandemie Aufgrund der von der Bundesregierung im Zuge der COVID-19-Pandemie verhängten Betretungsverbote für Geschäftsräumlichkeiten stellte sich für eine Vielzahl von Unternehmern die Frage, ob die Mietzinse während der Dauer der Unbenutzbarkeit weiterhin zu bezahlen sind oder den betroffenen Unternehmern Mietzinsminderungsansprüche zustehen oder sogar ein Entfall der Mietzinszahlungsverpflichtung in Betracht kommt. Der OGH hat sich mit dieser Problematik nun in seiner Entscheidung zur GZ 3 Ob 184/21m umfassend auseinandergesetzt. Nagel- und Kosmetikstudio im Einkaufszentrum Dieser Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in welchem die Klägerin Betreiberin eines Einkaufszentrums war. Die Beklagte wiederum war Mieterin eines Geschäftslokals in diesem Einkaufszentrum, in welchem sie ein Nagel- und Kosmetikstudio betrieb. Der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Mietvertrag enthielt eine Bestimmung, wonach der Bestandnehmer auf eine Minderung oder Zurückbehaltung des Bestandentgelts verzichtet, dies insbesondere gemäß den §§ 1096 und 1104 ABGB, sofern die Nutzung und Benutzbarkeit des Bestandobjekts nicht durch Umstände, die der Bestandgeber zumindest grob fahrlässig zu verantworten hat, wesentlich (sowohl betreffend Umfang und Dauer) eingeschränkt wird oder dem Bestandnehmer hieraus ein erheblicher, nachweislicher Nachteil entsteht. Auf der Grundlage von § 1 COVID-Maßnahmengesetz wurden vom Gesundheitsministerium diverse Verordnungen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erlassen, die vom 16.3.2020 bis 30.4.2020, vom 17.11.2020 bis 6.12.2020 sowie vom 26.12.2020 bis 7.2.2021 zu insgesamt drei Lockdowns führten. Im Zuge dieser Lockdowns war auch das Betreten des Kundenbereichs der Betriebsstätten von Handels- und Dienstleistungsunternehmen zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen untersagt. Es gab zwar einige Ausnahmen, die jedoch lediglich Bereiche der Grundversorgung wie Apotheken etc. betrafen, welche für die Beklagte als Betreiberin eines Nagel- und Kosmetikstudios nicht einschlägig waren. Die Beklagte konnte ihr Geschäftslokal daher überhaupt nicht nutzen und bezahlte die weiterhin vorgeschriebenen Mietzinse in den Lockdown-Monaten nicht oder nur teilweise. Zudem beantragte die Beklagte für die Monate März bis Mai 2020 den sogenannten "Fixkostenzuschuss". Die Klägerin forderte in weiterer Folge die offenen Mietzinse von der Beklagten gerichtlich ein. Der Oberste Gerichtshof hielt in seiner Entscheidung fest, dass die COVID-19-Pandemie eine "Seuche" im Sinne des § 1104 ABGB darstellt. § 1104 ABGB normiert den Entfall der Mietzinszahlungsverpflichtung des Bestandnehmers für den Fall, dass die Bestandssache aufgrund außerordentlicher Zufälle, wie Feuer, Krieg oder Seuche unbenutzbar wird. Der OGH stellte bezugnehmend auf die ältere Judikatur fest, dass unter außerordentlichen Zufällen im Sinne des § 1104 ABGB elementare Ereignisse zu verstehen sind, die von Menschen nicht beherrschbar sind, sodass für die Folgen im Allgemeinen von niemanden Ersatz erwartet werden kann. Diese elementaren Ereignisse treffen stets einen größeren Personenkreis auf eine Weise, die durch eine gesetzliche Regelung über Ersatzansprüche nicht ausgeglichen werden kann. Diese Kriterien treffen gemäß dem OGH auch auf die COVID-19-Pandemie zu. Wenn der Kundenbereich eines gemieteten Geschäftslokals von den Kunden zudem nicht betreten werden darf, kann der bestimmungsgemäße Geschäftszweck nicht erfüllt werden und ist der Bestandsgegenstand nach Ansicht des OGH gänzlich unbrauchbar. Für Fälle, in welchen die vertragsgemäße charakteristische Nutzung hingegen nur eingeschränkt war, erachtete der OGH eine Mietzinsminderung im Sinne des § 1105 ABGB im Umfang der Gebrauchsbeeinträchtigung nach der relativen Berechnungsmethode für angemessen. Die relative Berechnungsmethode stammt aus dem Gewährleistungsrecht und bedeutet grundsätzlich, dass ein Preisminderungsanspruch dergestalt berechnet wird, dass sich der vereinbarte Preis zum geminderten Preis so verhalten muss, wie der objektive Wert der Sache ohne Mangel zum objektiven Wert der Sache (gegenständlich: des Bestandgegenstandes) mit Mangel. Die Preisminderung errechnet sich dann aus der Differenz zwischen dem vereinbarten Preis und dem geminderten Preis. Der Umstand, dass der Bestandgegenstand im konkreten Fall in einem Einkaufszentrum lag, welches an sich weiterhin betreten werden konnte sowie die damit einhergehende Versorgung des Einkaufszentrums mit Energie und die Bewachung und Reinigung der Allgemeinflächen, änderte gemäß dem OGH nichts am gänzlichen Entfall der Mietzinszahlungsverpflichtung der Beklagten gemäß § 1104 ABGB, da diese aus diesen Umständen keinerlei geschäftlichen Nutzen ziehen konnte. Auch der im Mietvertrag vereinbarte Verzicht auf das Mietzinsminderungsrecht gemäß den §§ 1104 und 1096 ABGB änderte an dieser Beurteilung des Obersten Gerichtshofs nichts. Dies bereits aus dem Grund, dass wiederholte Betretungsverbote, die mit einem erheblichen Kunden- und Umsatzausfall verbunden sind, jedenfalls als erhebliche Nachteile im Sinne der mietvertraglichen Ausnahmebestimmung betrachtet wurden. Fixkostenzuschuss Ein weiterer wesentlicher Punkt für Unternehmer in dieser höchstgerichtlichen Entscheidung zur GZ 3 Ob 184/21m ist, dass der OGH auch entschied, dass die Beklagte den von ihr bezogenen Fixkostenzuschuss nicht an die Klägerin herausgeben musste. Der sogenannte "Fixkostenzuschuss I" beruht auf eine Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID-19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), die am 26.5.2020 in Kraft trat. Die inhaltlichen Regelungen finden sich in den Richtlinien im Anhang zu dieser Verordnung, die auch Inhalt des jeweiligen Fördervertrages mit der COFAG sind. Nach Punkt 3.1.7. der Richtlinien müssen Unternehmen jegliche zumutbaren Maßnahmen gesetzt haben, um die durch den Fixkostenzuschuss zu deckenden Fixkosten zu reduzieren (Schadensminderungspflicht mittels ex-ante-Betrachtung). Dies bedeutet in der Praxis, dass es ausreichend ist, wenn die betroffenen Unternehmen ihren Vermieter außergerichtlich zum Erlass bzw. zur Minderung der Mietzinse aufgefordert haben und der Vermieter dieses außergerichtliche Ansuchen abgelehnt hat. Nach Punkt 8.1. der Richtlinien hat eine nachträgliche Überprüfung der Zuschüsse im Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzungen jedenfalls auf Basis von Stichproben stattzufinden. Gemäß Punkt 8.3. der Richtlinien hat die COFAG Fixkostenzuschüsse insoweit zurückzufordern, als sie zu einem späteren Zeitpunkt herausstellt, dass die dem Zuschuss zugrunde liegenden Verhältnisse nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Reisebüro Die Grundsätze der Entscheidung des OGH zur GZ 3 Ob 184/21m hinsichtlich des Entfalls der Mietzinszahlungsverpflichtung gemäß § 1104 ABGB sowie des Mietzinsminderungsanspruchs gemäß § 1105 ABGB wurden auch in der aktuelleren Entscheidung des OGH zur GZ 3 Ob 209/21p bestätigt. Betont wurde insbesondere neuerlich, dass die Frage, ob (teilweise) Unbenützbarkeit des Bestandgegenstands vorliegt, nach dem Vertragszweck zu beurteilen ist. Der OGH entschied in diesem Fall, in dem es um Umsatzeinbußen eines Reisebüros ging, die nur teilweise auf behördliche Betretungsverbote zurückzuführen waren, jedoch auch differenzierend, dass Umsatzeinbußen des Geschäftsraummieters, die nicht aus behördlichen Betretungsverboten resultieren, sondern eine unmittelbare Folge der COVID-19-Pandemie sind, die sämtliche Unternehmer wie (auch) den Mieter des Geschäftslokals, insbesondere dessen gesamte Branche, allgemein und insgesamt treffen (im konkreten Fall: generelle Abnahme der Reisefreudigkeit aufgrund allgemeiner, pandemiebedingter Gesundheitsrisiken), dem Unternehmerrisiko zuzuordnen und daher für den zu zahlenden Mietzins nicht relevant sind. Liefer- und Abholdienst Ferner erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, insbesondere im Hinblick auf Gastgewerbebetriebe, auch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zur GZ 8 Ob 131/21d vom 25.1.2022. In diesem Fall entschied der Oberste Gerichtshof, dass die objektive Möglichkeit einen Liefer- und Abholdienst zu etablieren, lediglich zu einer teilweisen Unbrauchbarkeit des Bestandgegenstandes führen kann. Das Ausmaß des Mietzinsminderungsanspruches hängt immer vom jeweiligen Einzelfall ab, insbesondere von der Bedeutung eines Liefer- und Abholservices für den konkreten Betrieb. Die Möglichkeit der Etablierung eines Liefer- und Abholservices wird sich laut dem OGH etwa auf ein Fast-Food Lokal in einer Fußgängerzone mehr auswirken, als auf ein Luxusrestaurant in der Einöde. Das konkrete prozentuelle Ausmaß der Mietzinsminderung wurde in dieser Entscheidung offengelassen, da hierfür noch Sachverhaltsergänzungen erforderlich waren. In einer Entscheidung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 17.02.2021 wurde hinsichtlich einer Buchhandlung, welche einen Zustell- und Lieferdienst während der Betretungsverbote etablierte, jedoch eine Mietzinsminderung in Höhe von 64% für angemessen erachtet (gänzliches Betretungsverbot, GZ 39 R 27/21s). Einzelhandelsgeschäft Eine Konkretisierung hinsichtlich der bei der Berechnung des Mietzinsminderungsanspruchs heranzuziehenden Kriterien bietet auch die aktuelle Entscheidung des OGH zur GZ 4 Ob 218/21v. Bei der dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhaltskonstellation war insbesondere wesentlich, dass jedenfalls ca. ein Drittel der Gesamtfläche des Geschäftslokals (Einzelhandelsgeschäft mit Verkauf von Kaffee und Non-Food-Artikeln samt der Verabreichung von Getränken und Speisen zum sofortigen Verzehr) als Lager, Büro sowie als Personalräume weiterhin nutzbar war und darin trotz verhängter Betretungsverbote für die Kundenbereiche auch Arbeiten verrichtet wurden. Die Mieterin betrieb die streitgegenständliche Filiale gemäß den Feststellungen des Obersten Gerichtshofes auch im Rahmen ihres weiträumigen Filialnetzes. Im Zusammenhang mit diesem tätigte sie auch Online-Verkäufe, und zwar auch während der Lockdowns. Hierzu hielt der OGH fest, dass die Größenverhältnisse zwischen Verkaufsräumen und Lager bzw. sonstigen Räumen nicht der allein entscheidende Faktor zur Bemessung des Restnutzens sind. Abzustellen ist vielmehr auf den Vertragszweck bzw. auf den dem Vertrag zugrunde gelegten Geschäftszweck. Die vermietete Geschäftsfläche war im konkreten Fall laut dem OGH - zumindest zum Teil - auch während der behördlich verordneten Sperre für den Kundenbetrieb dem Geschäftsbetrieb der Mieterin dienlich. Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte (tatsächliche Nutzung sowie mögliche Nutzung im Rahmen ihres ausgedehnten Geschäftsbetriebs) erachtete der OGH - die immer von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängige - Höhe der Mietzinsminderung im Ausmaß von zwei Dritteln auf Basis eines Restnutzens im Ausmaß eines Drittels des Gesamtnutzens der Geschäftsräumlichkeit für vertretbar; dies auch unter Berücksichtigung der Umstände, dass an Sonn- und Feiertagen das Geschäftslokal in jedem Fall geschlossen gewesen wäre und dass während des dritten Lockdowns zweiseitige unternehmensbezogene Geschäfte möglich gewesen wären, sowie unabhängig vom Vorliegen einer Betriebsunterbrechungsversicherung. Insgesamt hat der OGH mit diesen aktuellen Entscheidungen dem Rechtsverkehr jedenfalls wichtige Orientierungshilfen im Umgang mit aus der Corona-Pandemie resultierenden Mietzinsrückständen geliefert. Petra Mitterecker
- Werkvertragsrecht
Sicherstellung nach § 1170b ABGB bei reinen Planungsleistungen? Das Recht auf Sicherstellung steht gemäß § 1170b Abs 1 ABGB dem "Unternehmer eines Bauwerks, einer Außenanlage zu einem Bauwerk oder eines Teiles hievon" zu. Der Werkunternehmer ist demnach berechtigt, vom Werkbesteller ab Vertragsabschluss für das noch ausstehende Entgelt eine Sicherstellung bis zur Höhe eines Fünftels des vereinbarten Entgelts, bei Verträgen, die innerhalb von drei Monaten zu erfüllen sind, sogar bis zur Höhe von zwei Fünfteln des vereinbarten Entgelts, zu verlangen. Sachlicher Anwendungsbereich Der sachliche Anwendungsbereich der gegenständlichen Bestimmung umfasst Verträge über die Herstellung oder Bearbeitung "eines Bauwerks, einer Außenanlage zu einem Bauwerk oder eines Teils hievon". In Bezug auf den sachlichen Anwendungsbereich des § 1170b ABGB bestehen jedoch viele strittige Abgrenzungsfragen. Der OGH hat sich diesbezüglich noch nicht im Detail geäußert, in 3 Ob 211/07m jedoch angemerkt, dass der Anwendungsbereich der Leistungen des Werkunternehmers im Sinne des § 1170b ABGB deckungsgleich mit jenem der Bauleistungen nach Punkt 3.1 ÖNORM B 2110 ist. Die ÖNORM B 2110 definiert Bauleistungen in ihrem Punkt 3.1 folgendermaßen: "Herstellung, Änderung, Instandsetzung, Demontage oder Abbruch von Bauwerken und Bauteilen, Landschaftsbau und sonstige Bauarbeiten jeder Art im Rahmen eines Werkvertrages, ferner erforderliche Vorbereitungs- und Hilfsarbeiten sowie Errichtung und Demontage oder Abbruch von Hilfsbauwerken sowie Leistungen der Haustechnik". Für die Gleichsetzung des sachlichen Anwendungsbereichs von § 1170b ABGB mit dem Begriff der Bauleistungen im Sinne der ÖNORM B 2110 erntete der OGH allerdings vielfältige Kritik, zumal für die Bestimmung des sachlichen Anwendungsbereichs von § 1170b ABGB der Gesetzeswortlaut sowie der Normzweck maßgebend sind und die Definition der Bauleistungen in der ÖNORM B 2110 allenfalls ein Indiz sein darf. Sind reine Planungsleistungen vom Anwendungsbereich umfasst? In den Gesetzesmaterialien zu § 1170b ABGB werden ausdrücklich Planungsleistungen, namentlich die Planung eines Hauses und die Planung einer Heizungsanlage, genannt. Auch die deutsche Parallelbestimmung des § 648a BGB (aF), welche das erklärte Vorbild der österreichischen Regelung des § 1170b ABGB ist, schließt reine Planungsleistungen nicht von der Sicherstellungsberechtigung aus. Vom Sicherstellungsanspruch nach § 1170b ABGB kann demnach grundsätzlich auch Gebrauch machen, wer (noch) keine materiellen Bauleistungen, sondern nur geistige Planungsleistungen erbringt. Zum Kreis der Sicherstellungsberechtigten sind daher auch Architekten, Statiker, Ingenieure und sonstige Bausachverständige zu zählen. In 6 Ob 65/18d hat auch der OGH erkannt, dass rein planerisch tätige Personen grundsätzlich in den Anwendungsbereich des § 1170b ABGB fallen können. Es gibt aber durchaus auch anderslautende Meinungen im uneinheitlichen Schrifttum, nach welchen geistige Planungsleistungen generell aus dem Anwendungsbereich des § 1170b ABGB auszunehmen sind. Abgestellt wird dabei unter anderem darauf, dass das der Norm immanente typische Risiko in diesem Fall nicht gegeben ist. Aus der Sicht des vorleistungspflichtigen Werkunternehmers besteht dieses Risiko in der Insolvenz des Werkbestellers und hängt vor allem mit der festen Verbindung des Bauwerks mit der Liegenschaft und dem damit verbundenen Eigentumserwerb des Grundstückseigentümers zusammen. Da der lediglich planende Architekt oder Statiker seine Pläne grundsätzlich nur Zug um Zug gegen Zahlung seines Werklohnes herauszugeben habe, entfalle dieses Risiko. Argumentiert wird auch damit, dass der Architekt, der ein Bauwerk plant, das in weiterer Folge nicht realisiert und umgesetzt wird, kein "Unternehmer eines Bauwerks" und damit bereits vom Wortlaut der Bestimmung nicht erfasst ist. Unter Bedachtnahme auf den Normzweck von § 1170b ABGB wird auch jene Lehrmeinung vertreten, nach welcher die Sicherstellung für reine Planungsleistungen nicht schon bei Vertragsabschluss und Beginn der rein geistigen Planungsarbeit verlangt werden kann. Um vom Sicherstellungsanspruch nach § 1170b ABGB Gebrauch machen zu können, müssen sich die Planungsleistungen materiell bereits in einer Bautätigkeit oder zumindest in einer sonstigen bauspezifischen faktischen Verwendung der geistigen Planungsleistung durch den Werkbesteller realisiert haben. Eine solche bauspezifische Verwendung von geistigen Planungsleistungen liegt beispielsweise dann vor, wenn der Werkbesteller die Pläne zur Einreichung bei der Baubehörde verwendet oder die Planungsleistungen, sofern diese einer Ausschreibung zugrunde gelegt werden, zur Beschaffung von Bauleistungen dienen. Fazit Die Frage nach der Anwendbarkeit von § 1170b ABGB auf rein geistige Planungsleistungen ist in der Lehre und im Schrifttum strittig, von der Rechtsprechung nicht in ausreichendem Maße geklärt und daher auch nicht abschließend zu beantworten. Dem Ansatz, dass rein geistige Planungsleistungen nicht generell vom Anwendungsbereich des § 1170b ABGB ausgenommen sind und auf die Realisierung in einer Bautätigkeit abgestellt wird, sollte mE der Vorzug gegeben werden. Dadurch bleibt auch bei reinen Planungsleistungen der Zusammenhang mit der faktischer Bautätigkeit oder zumindest mit einer bauspezifischen Verwendung der Planungsleistungen zugunsten des Werkbestellers gewahrt. Michael Rommer
- Werkvertragsrecht
Örtliche Bauaufsicht (ÖBA) Als Dreh- und Angelpunkt eines Bauvorhabens Komplikationen, Verzögerungen und Mängel im Zuge eines Bauvorhabens lösen nicht selten haftungsrechtliche Folgen für die auftretenden Akteure aus. In den Mittelpunkt des Geschehens gerät zunehmend die örtliche Bauaufsicht (ÖBA), da sie wichtige Kontroll- und Koordinierungsaufgaben wahrnimmt. Die zentralen Aufgaben der ÖBA bestehen einerseits in der örtlichen Vertretung der Interessen des Bauherrn und andererseits in der Überwachung und Koordinierung des Baufortschritts und der werkausführenden Unternehmer. Einfach ausgedrückt soll die ÖBA vor Ort für die reibungslose Realisierung des Bauprojekts sorgen, wobei der Umfang der geschuldeten Leistung je nach Vereinbarung stark variiert, sodass diesbezüglich auch ein gewisser Auslegungsspielraum bestehen kann. Zwischen dem Auftraggeber und der ÖBA entsteht regelmäßig kein Werkvertrag, sondern ein Bevollmächtigungsvertrag. Diese Unterscheidung ist wesentlich, da die ÖBA im Vergleich zum Planer oder zu den werkausführenden Unternehmern keinen Erfolg, sondern "emsiges, redliches Bemühen" schuldet. Verletzt die ÖBA ihre vertraglichen Pflichten schuldhaft und entsteht daraus ein Schaden, so kann es zur solidarischen Haftung mit einem ausführenden Unternehmen kommen. Die Rechtsprechung des OGH hat sich dahingehend verfestigt, dass die ÖBA den Bauherrn vor Auswirkungen von Fehlern schützen soll, die im Verantwortungsbereich der einzelnen bauausführenden Auftragnehmer geschehen. Sie soll aber nicht die Verantwortung der Auftragnehmer mindern, da die ÖBA ausschließlich im Interesse des Bauherrn handle (RIS-Justiz RS0108535). Das Ergebnis dieser Judikaturlinie ist, dass ein allfälliges Verschulden der ÖBA bei der Bauüberwachung weder dem Bauherrn als Mitverschulden zugerechnet wird, noch die werkausführenden Unternehmer exkulpiert. Einfach ausgedrückt: der Bauherr schuldet dem Werkunternehmer keine Überwachung der Bauausführung. Besonders spannend sind Konstellationen, in denen der Bauherr selbst einen Dritten sowohl mit der ÖBA als auch mit Koordinierungs- und Mitwirkungspflichten beauftragt hat. Kommt es in diesem Fall zur Haftung der werkausführenden Unternehmer, so erfüllt der mit der ÖBA Beauftragte gleichzeitig Koordinierungspflichten, die grundsätzlich den Bauherrn treffen. Die Grenzen zwischen Bauaufsicht und Koordinierungspflicht sind in einem solchen Fall nicht immer leicht zu ziehen. Wesentlich ist jedoch, dass ein allfälliges Verschulden des Dritten im Wege der Erfüllungsgehilfenhaftung fallweise auch auf den Bauherrn durchschlagen kann, sofern die ÖBA Koordinierungsaufgaben für den Bauherrn wahrnimmt (OGH 3. 3. 2010 7 Ob 211/09v). In einem solchen Fall sei das Verschulden des mit der ÖBA (und der Koordinierung) Beauftragten grundsätzlich dem Bauherrn zuzurechnen, was wiederum zur Entlastung der werkausführenden Unternehmer führt. Die höchstgerichtliche Judikaturlinie ist dahingehend jedoch noch nicht "in Stein gemeißelt". Es empfiehlt sich daher die, von der ÖBA geschuldeten Leistungen vertraglich präzise festzulegen und sich stets vor Augen zu halten, welche Aufgaben zur Erfüllung welcher vertraglichen Pflichten verrichtet werden. Arian Akhtarshenas
- Maklerrecht
Zur Haftung des Immobilienmaklers bei zu niedrig angesetztem Kaufpreis In einer interessanten Entscheidung vom 6.8.2021 (GZ: 6 Ob 115/21m) hatte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) mit der Frage zu befassen, inwieweit sich ein Immobilienmakler gegenüber dem Verkäufer schadenersatzpflichtig machen kann, wenn er die zu verkaufende Immobilie unter dem Marktwert anbietet und vermittelt. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger kontaktierte die Beklagte als Immobilienmaklerin für den Verkauf seiner beiden Wohnungen, wobei er zunächst von einem Gesamtkaufpreis von etwa EUR 1 Mio ausging. Ein Mitarbeiter der Beklagten, der dem Kläger gegenüber behauptete, er sei ein "Experte und ein Mann mit Erfahrung" und würde den "richtigen" Preis für die Wohnungen ermitteln, überredete den Kläger jedoch seine beiden Wohnungen für EUR 780.000,00 zu verkaufen. Daraufhin wurde ein Alleinvermittlungsauftrag abgeschlossen und machte die Beklagte einen Käufer ausfindig, der ein Kaufanbot über EUR 780.000,00 legte, welches der Kläger annahm. In der Folge wurde der Kläger jedoch misstrauisch und ließ die Wohnungen von zwei weiteren Immobilienmaklern schätzen, woraus sich weit höhere Werte als der vereinbarte Kaufpreis ergaben. Tatsächlich lag der Verkehrswert der beiden Wohnungen sogar über dem vom Kläger ursprünglich intendierten Preis von EUR 1 Mio. Der Kläger klagte daher von der Immobilienmaklerin die Differenz zwischen dem tatsächlichen Wert der beiden Wohnungen und dem vereinbarten Kaufpreis als Schadenersatz ein. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Das Berufungsgericht wies dagegen mit Teilurteil einen großen Teil des geltend gemachten Schadens mit der Begründung ab, dass eine Grundstücksbewertung notwendig mit Unschärfen behaftet und deshalb nie fehlerfrei sei. Ausgehend von der Judikatur und Literatur in Österreich und Deutschland, die teilweise sogar Schwankungsbreiten von bis 30 Prozent anerkenne, müsse der Kläger jedenfalls eine Preisspanne von etwa 15 Prozent akzeptieren und sei daher auch sein Schadenersatzanspruch entsprechend zu kürzen. Der OGH teilte diese Ansicht des Berufungsgerichts allerdings nicht und gab der hiergegen erhobenen Revision des Klägers statt. Der OGH betont in seiner Entscheidung, dass ein Immobilienmakler Sachverständiger im Sinne des § 1299 ABGB ist, weshalb von ihm erwartet werden könne über einschlägige Probleme Bescheid zu wissen und richtige Auskünfte zu erteilen. Die Verletzung von Aufklärungspflichten macht den Immobilienmakler gegenüber seinem Auftraggeber nach den allgemeinen Grundsätzen des ABGB ex contractu schadenersatzpflichtig. Gemäß § 3 Absatz 1 MaklerG hat der Makler die Interessen des Auftraggebers redlich und sorgfältig zu wahren. Nach § 3 Absatz 3 MaklerG sind Makler und Auftraggeber verpflichtet, einander die erforderlichen Informationen (das Gesetz spricht von "Nachrichten") für das zu vermittelnde Geschäft zu geben. Gemäß § 30b Absatz 2 KSchG zählen zu den erforderlichen "Nachrichten", die der Immobilienmakler dem Auftraggeber zu geben hat, auch sämtliche Umstände, die für die Beurteilung des zu vermittelnden Geschäfts wesentlich sind. Jedenfalls beim Alleinvermittlungsauftrag besteht wegen der weitreichenden Bindung des Auftraggebers die Pflicht des Maklers, sich nach Kräften für die Ausführung des Auftrages einzusetzen. Eine besondere Nachforschungspflicht des Maklers besteht laut OGH aber nicht und sei die Beurteilung einer Pflichtverletzung des Maklers jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der dem Makler erkennbaren Interessen des Auftraggebers vorzunehmen. In diesem Sinne sei der Beklagten aber ein Sorgfaltsverstoß zur Last zu legen, weil von dieser keine nachvollziehbaren Überlegungen zum Wert der Wohnungen angestellt wurden und sie den Kläger auch nicht auf eine Schätzungsbandbreite bei der preislichen Bewertung hingewiesen hat. Die vom Berufungsgericht ins Feld geführte Preisspannen bei der Wertermittlung erachtete der OGH zwar an sich als zutreffend, weil der Verkehrswert trotz einer Vielzahl verfahrensrechtlicher Wertermittlungsvorschriften keine mathematisch exakt ermittelbare Größe sei und von vielfältigen Einschätzungen abhinge. Allein aus diesem Umstand dürfe nach Ansicht des OGH jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass eine Wertermittlung von 15 % unter dem Verkehrswert jedenfalls immer zutrifft, weil dadurch ein Anreiz für Makler geschaffen werde, den Verkehrswert von vornherein niedrig festzusetzen, um das Objekt möglichst schnell verkaufen und die Provision lukrieren zu können. Der OGH stellt somit klar, dass auch eine Differenz von bis zu rund 15 % unter dem Verkehrswert bei der Wertermittlung vom Verkäufer nicht per se hingenommen werden muss. Vielmehr kommt es auch innerhalb dieser Bandbreite darauf an, inwieweit dem Makler ein Sorgfaltsverstoß zur Last zu legen ist, also immer auf eine Betrachtung des Einzelfalles. Ein Sorgfaltsverstoß und damit eine Haftung des Maklers kommt dabei umso mehr in Betracht, wenn er wie im vorliegenden Fall sogar noch erklärt ein "Experte" zu sein und der Verkäufer ausdrücklich an einer Maximierung des Kaufpreises interessiert ist. Anders wird der Fall aber wohl zu beurteilen sein, soweit ein Verkäufer den wahren Wert seiner Immobilie definitiv kennt und (aus welchen Gründen auch immer) dennoch ein Kaufanbot mit einem niedrigeren Kaufpreis annimmt. Frank Reiser








