23 Ergebnisse gefunden mit einer leeren Suche
- Werkvertragsrecht
Örtliche Bauaufsicht (ÖBA) Als Dreh- und Angelpunkt eines Bauvorhabens Komplikationen, Verzögerungen und Mängel im Zuge eines Bauvorhabens lösen nicht selten haftungsrechtliche Folgen für die auftretenden Akteure aus. In den Mittelpunkt des Geschehens gerät zunehmend die örtliche Bauaufsicht (ÖBA), da sie wichtige Kontroll- und Koordinierungsaufgaben wahrnimmt. Die zentralen Aufgaben der ÖBA bestehen einerseits in der örtlichen Vertretung der Interessen des Bauherrn und andererseits in der Überwachung und Koordinierung des Baufortschritts und der werkausführenden Unternehmer. Einfach ausgedrückt soll die ÖBA vor Ort für die reibungslose Realisierung des Bauprojekts sorgen, wobei der Umfang der geschuldeten Leistung je nach Vereinbarung stark variiert, sodass diesbezüglich auch ein gewisser Auslegungsspielraum bestehen kann. Zwischen dem Auftraggeber und der ÖBA entsteht regelmäßig kein Werkvertrag, sondern ein Bevollmächtigungsvertrag. Diese Unterscheidung ist wesentlich, da die ÖBA im Vergleich zum Planer oder zu den werkausführenden Unternehmern keinen Erfolg, sondern "emsiges, redliches Bemühen" schuldet. Verletzt die ÖBA ihre vertraglichen Pflichten schuldhaft und entsteht daraus ein Schaden, so kann es zur solidarischen Haftung mit einem ausführenden Unternehmen kommen. Die Rechtsprechung des OGH hat sich dahingehend verfestigt, dass die ÖBA den Bauherrn vor Auswirkungen von Fehlern schützen soll, die im Verantwortungsbereich der einzelnen bauausführenden Auftragnehmer geschehen. Sie soll aber nicht die Verantwortung der Auftragnehmer mindern, da die ÖBA ausschließlich im Interesse des Bauherrn handle (RIS-Justiz RS0108535). Das Ergebnis dieser Judikaturlinie ist, dass ein allfälliges Verschulden der ÖBA bei der Bauüberwachung weder dem Bauherrn als Mitverschulden zugerechnet wird, noch die werkausführenden Unternehmer exkulpiert. Einfach ausgedrückt: der Bauherr schuldet dem Werkunternehmer keine Überwachung der Bauausführung. Besonders spannend sind Konstellationen, in denen der Bauherr selbst einen Dritten sowohl mit der ÖBA als auch mit Koordinierungs- und Mitwirkungspflichten beauftragt hat. Kommt es in diesem Fall zur Haftung der werkausführenden Unternehmer, so erfüllt der mit der ÖBA Beauftragte gleichzeitig Koordinierungspflichten, die grundsätzlich den Bauherrn treffen. Die Grenzen zwischen Bauaufsicht und Koordinierungspflicht sind in einem solchen Fall nicht immer leicht zu ziehen. Wesentlich ist jedoch, dass ein allfälliges Verschulden des Dritten im Wege der Erfüllungsgehilfenhaftung fallweise auch auf den Bauherrn durchschlagen kann, sofern die ÖBA Koordinierungsaufgaben für den Bauherrn wahrnimmt (OGH 3. 3. 2010 7 Ob 211/09v). In einem solchen Fall sei das Verschulden des mit der ÖBA (und der Koordinierung) Beauftragten grundsätzlich dem Bauherrn zuzurechnen, was wiederum zur Entlastung der werkausführenden Unternehmer führt. Die höchstgerichtliche Judikaturlinie ist dahingehend jedoch noch nicht "in Stein gemeißelt". Es empfiehlt sich daher die, von der ÖBA geschuldeten Leistungen vertraglich präzise festzulegen und sich stets vor Augen zu halten, welche Aufgaben zur Erfüllung welcher vertraglichen Pflichten verrichtet werden. Arian Akhtarshenas
- Wohnungseigentum
Anteilige Geltendmachung von Ersatzansprüchen und Verjährung Wird auf einer Liegenschaft ein Wohnungseigentumsobjekt errichtet, ergeben sich für die einzelnen Miteigentümer unterschiedliche Konstellationen zur Geltendmachung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen iZm auftretenden Mängeln. Steht beispielsweise sämtlichen Wohnungseigentümern aus ihren individuellen Kaufverträgen gegen den Bauträger gemeinsam ein Anspruch auf das Deckungskapital für die Sanierung von Mängeln (oder eines Vorschusses hiefür) an allgemeinen Teilen des Hauses, wie beispielsweise zur Sanierung des Daches oder der Fassade zu, dann kann jeder einzelne Eigentümer zwar selbstständig gegen den Bauträger vorgehen. Er kann diesfalls aber nur den auf seinen Miteigentumsanteil an der Liegenschaft entfallenden Teil des Anspruches begehren. Sein Anspruch zur Beseitigung von Mängeln an allgemeinen Teilen der Liegenschaft, wenn er auf Geldersatz gerichtet ist, ist teilbar und begründet somit keine Gesamthandforderung. In der Entscheidung 5 Ob 102/21t sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass der einzelne Wohnungseigentümer kein selbstständiges Klagerecht auf das gesamte zur Sanierung erforderliche Deckungskapital hat, es sei denn, alle anderen Wohnungseigentümer hätten ihre individuellen Ansprüche abgetreten (zediert). Auch zedierbare Teilansprüche sind in ihrem Schicksal unabhängig, sie können einzeln verändert werden und können selbstständig verjähren. Schadenersatzansprüche einzelner Wohnungseigentümer verjähren im Allgemeinen innerhalb einer Frist von drei Jahren ab Kenntnis des Geschädigten vom anspruchsbegründeten Sachverhalt. Auch diesbezüglich ist der Beginn der Verjährungsfrist für jeden einzelnen Anspruch des Wohnungseigentümers gesondert zu prüfen. Abzustellen ist daher auf die jeweilige Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen. Der Geschädigte darf sich nicht einfach passiv verhalten, wenn er die für die Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen kann. Diese Erkundigungsobliegenheit, die das Höchstgericht dem Geschädigten auferlegt, darf natürlich nicht überspannt werden. Es bedarf deutlicher Anhaltspunkte für einen Schadenseintritt im Sinne konkreter Verdachtsmomente, aus denen der Geschädigte schließen kann, dass beispielsweise ein Professionist nicht fachgerecht gearbeitet bzw. Verhaltenspflichten nicht eingehalten hat. Wenn aber die Kenntnis des Kausalzusammenhangs und bei verschuldensabhängiger Haftung die Kenntnis der Umstände, die das Verschulden begründen, zusätzliches Fachwissen voraussetzt, beginnt die Verjährungsfrist regelmäßig erst dann zu laufen, wenn der Geschädigte durch ein Sachverständigengutachten Einblick in die Zusammenhänge erlangt hat. In der Regel ist er nicht verpflichtet, auf eigene Kosten ein Privatgutachten einzuholen. Nur im Einzelfall, wenn beispielsweise eine Verbesserung des Wissenstandes nur durch zusätzliche Begutachtung durch einen Sachverständigen möglich ist und dem Geschädigten auch das diesbezügliche Kostenrisiko zugemutet werden kann, ist auch die Einholung eines Privatgutachtens akzeptabel, um Verjährung hintanzuhalten. Solange aber kein ausreichender Anlass besteht, weitergehende Überprüfungen durchzuführen, fehlt auch jene Kenntnis der anspruchsbegründenden Sachverhaltselemente, die für den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist ausschlaggebend sind. Für die Praxis zeigt diese Entscheidung des Höchstgerichtes, dass bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen für allgemeine Teile der Liegenschaft darauf Bedacht zu nehmen ist, dass diese, sofern sie in Geld bestehen, teilbar sind und somit auch nur anteilig verfolgt werden können. Für die Beurteilung allfälliger Verjährung dieser teilbaren Ansprüche ist auf die individuelle Kenntnis des einzelnen Anspruchstellers abzustellen. Eine Beschlussfassung der Eigentümer vor gerichtlicher Anspruchsverfolgung (im Wege der Eigentümerversammlung oder im Umlaufweg) ist in derartigen Fällen jedenfalls geboten, um ein abgestimmtes Vorgehen sicherzustellen. Wilfried Opetnik
- Ziviltechnikerrecht
Koalitionsverbot im ZTG 2019 aufgehoben Gemäß § 23 Abs 3 Ziviltechnikergesetz 2019 war die Bildung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen ZiviltechnikerInnen und Gewerbetreibenden nur zulässig, wenn Letztere nicht zu ausführenden Tätigkeiten berechtigt sind. Dieses sogenannte "Koalitionsverbot" führte dazu, dass Bewerber- und Bietergemeinschaften aus Ziviltechnikern und ausführenden Unternehmern aufgrund der Verletzung berufsrechtlicher Ausübungsbestimmungen von Vergabeverfahren auszuscheiden waren. EuGH-Entscheidung 2019 Die Vorgängerbestimmung in § 21 Abs 3 ZTG 1993 war bereits Gegenstand eines Vertragsverletzungsverfahrens der Europäischen Kommission gegen Österreich. Im Juli 2019 – und somit knapp nach Inkrafttreten des ZTG 2019 – entschied der EuGH, dass Österreich durch die Aufrechterhaltung der Beschränkung multidisziplinärer Tätigkeiten für Ziviltechnikergesellschaften gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt verstoßen hat. ZTG-Novelle 2021 Durch die EuGH-Entscheidung war eine umfassende Novellierung des soeben in Kraft getretenen ZTG 2019 notwendig geworden, um einen europarechtskonformen Zustand herzustellen. Mit der im Jahr 2021 erfolgten Novelle wurde es ZiviltechnikerInnen nun gestattet, interdisziplinäre Gesellschaften mit Angehörigen anderer Berufe zu bilden. Die Höhe der zwingenden Beteiligung von ZiviltechnikerInnen an Ziviltechnikergesellschaften und interdisziplinären Gesellschaften mit Ziviltechnikern wurde auf 50% herabgesetzt (zu weiteren Details siehe Newsletter November 2021 ). VfGH 2021 Obwohl der EuGH auch das sogenannte "Koalitionsverbot" als unionrechtswidrig erkannt hatte, wurde dies bei der Novelle des ZTG im Jahr 2021 noch nicht berücksichtigt. Daran änderte auch die noch vor der Kundmachung der Novelle erfolgte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes nichts, wonach das Koalitionsverbot aufgrund der Unionsrechtswidrigkeit unangewendet zu bleiben hat, da es eine Verletzung des Gleichheitssatzes darstellt (VfGH 4.3.2021, E3131/2020). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Inhalt des § 21 Abs 3 ZTG 1993 hatte der VfGH übrigens im Jahr 2011 noch verworfen (VfGH 3.5.2011, B395/11). ZTG-Novelle 2022 Mit der aktuellen Novelle des ZTG 2019, die seit 1.1.2022 in Kraft ist, wurde das Koalitionsverbot nunmehr ersatzlos gestrichen. Die Änderung war überfällig und erfolgte etwas versteckt in dieser Novelle bzw. auch ohne großes mediales Begleitecho. Auch bei interdisziplinären Gesellschaften mit Ziviltechnikern, die nach dem 5. Abschnitt des ZTG 2019 gegründet werden, können nunmehr bis zu 50% der Geschäftsanteile von Gewerbetreibenden (auch Ausführenden) gehalten werden. Architekten könnten daher in einer interdisziplinären Gesellschaft mit Ziviltechnikern gemeinsam mit einem Baumeister Ziviltechnikerleistungen und Baumeisterleistungen erbringen (in diesem Fall müsste es dann zumindest zwei Geschäftsführer geben, und zwar den berufsbefugten Architekten und den Baumeister). Da sich die ZiviltechnikerInnen vielfach als "rechte Hand" des Bauherrn und unabhängige Berater und Planer sehen, war der Wegfall des Koalitionsverbotes über lange Zeit ein emotionales und umstrittenes Thema. Es besteht die Sorge, dass durch das Ende der Trennung von Planung und Ausführung die Unabhängigkeit der ZiviltechnikerInnen beeinträchtigt werden könnte. Anpassungsbedarf bei den Standesregeln In den mit Verordnung der Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen erlassenen Standesregeln (Stand 2021) ist in § 9 Abs 2 noch immer vorgesehen, dass die Bildung von Gesellschaften bürgerlichen Rechts (Arbeitsgemeinschaften) mit Nicht-Ziviltechnikern nur zulässig ist, wenn der Nicht-Ziviltechniker über keine Ausführungsberechtigung verfügt. In § 9 Abs 3 der Standesregeln ist weiterhin enthalten, dass die Kapitalbeteiligung der geschäftsführungs- und vertretungsbefugten ZiviltechnikerInnen mit ausgeübter Befugnis mehr als Hälfte betragen muss. Die am 1.1.2021 in Kraft getretenen Standesregeln sind daher in mehrfacher Hinsicht nicht mehr auf dem aktuellen Stand des ZTG 2019 und sollten entsprechend angepasst werden. Manfred Wiener



