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Rücktritt des Werkunternehmers

  • Pflaum Partner
  • 24. Sept.
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 2 Tagen

Welche Mitwirkungspflichten treffen den Werkbesteller?


Obgleich der Rücktritt eines Werkunternehmers vom Werkvertrag im Geschäftsleben grundsätzlich ultima ratio sein sollte, stellt er in der Praxis häufig ein probates Mittel dar, sich langwierigen Auseinandersetzungen mit dem Werkbesteller zu entziehen. Unter welchen Voraussetzungen der Werkunternehmer berechtigt ist, diesen Schritt zu setzen, ist regelmäßig Gegenstand von Gerichtsverfahren.

 

Grundsätzlich stellt der Werkvertag ein Zielschuldverhältnis dar, welches bei Eintritt des vereinbarten Erfolges - gemeint ist die Herstellung des Werks - automatisch endet. Dass es in der Praxis nicht den absoluten Ausnahmefall darstellt, dass das Vertragsverhältnis nicht "positiv" endet, etwa weil es dem Werkunternehmer verunmöglicht wird, den Erfolg herbeizuführen oder andere Gründe eintreten, die das Aufrechterhalten des Vertragsverhältnisses unzumutbar machen, liegt auf der Hand. Diesem Umstand tragen Gesetz und Rechtsprechung Rechnung, indem im Laufe der Zeit verschiedene Tatbestände entwickelt wurden, die einen Rücktritt vom Werkvertrag ermöglichen.

 

Für die Praxis bedeutsam ist in erster Linie, dass sowohl dem Werkbesteller als auch dem Werkunternehmer zustehende Rücktrittsrecht wegen Verzuges. Ist der Werkunternehmer mit der Ausführung oder Verbesserung des Werks säumig, ist der Werkbesteller berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten und Schadenersatz zu verlangen. Zugunsten des Werkunternehmers ist in § 1168 Abs 2 ABGB ein besonderes Rücktrittsrecht normiert. Demnach ist er berechtigt, unter Setzung einer angemessenen Nachfrist vom Vertrag zurückzutreten, wenn eine erforderliche Mitwirkung des Werkbestellers unterbleibt. Diesfalls muss er sich jedoch alles anrechnen lassen, was er sich durch das Unterbleiben der Werkausführung erspart oder absichtlich zu erwerben versäumt hat.

 

Was nun konkret unter der "erforderlichen Mitwirkung" des Werkbestellers, die den Anknüpfungspunkt für das Rücktrittsrecht des Werkunternehmers bildet, zu verstehen ist, hat den Obersten Gerichtshof (OGH) bereits mehrfach beschäftigt.

 

Oftmals sind Mitwirkungsobliegenheiten des Bestellers vereinbart, mitunter ergeben sie sich aber auch aus der Natur der Sache. Die Pflichten des Werkbestellers können unmittelbarer (Verschaffung des Zugangs zu einer Baustelle) oder mittelbarer Natur sein (Einholen von etwaigen Bewilligungen). Ungeachtet ihrer konkreten Beschaffenheit berechtigt die Verletzung dieser erforderlichen Obliegenheiten, den Werkunternehmer vom Vertrag zurückzutreten – und dies nicht nur, wenn die Mitwirkung zur Gänze unterbleibt, sondern auch dann, wenn sie zwar erfolgt, aber nicht in der für die Werkerstellung notwendigen Qualität oder Quantität.

 

Dieser Tatbestand nimmt in einer kürzlich ergangenen Entscheidung des OGH (8 Ob 133/24b) eine tragende Rolle ein: Der beklagte Architekt wollte im Zuge eines Bauprojekts sowohl für ein Architektenbüro als auch für sich persönlich Wohnungen in Salzburg errichten. Dafür beauftragte er neben weiteren Professionisten den Kläger, ein Metallbauunternehmen, mit der Ersatzvornahme der Errichtung einer Metallfassade im Obergeschoß anstelle des ursprünglich damit befassten Unternehmens. Das Metallbauunternehmen verpflichtete sich, das Werk bis zu einem bestimmten Zeitpunkt fertigzustellen. Hierzu kam es jedoch nicht, da das Metallbauunternehmen an der Errichtung der Fassade durch mangelhafte und unvollständige Vorarbeiten des beklagten Architekten maßgeblich behindert war. Die zur Fertigstellung der Fassade notwendigen Vorleistungen und Vorgewerke hatte der beklagte Architekt zum Zeitpunkt des Beginns der Bauarbeiten des klagenden Metallbauunternehmens nicht fertiggestellt und nicht näher definiert. Der Architekt hatte weder eine Gesamtplanung zur Koordinierung der Gewerke aller im Bauprojekt beauftragten Werkunternehmer konzipiert, noch genaue Zuständigkeitsregelungen zwischen den verschiedenen Werkunternehmern getroffen, sodass es zu zahlreichen Koordinationsproblemen zwischen den Gewerken kam. Durch diese fehlenden bzw. fehlerhaften Vorarbeiten konnte das Metallbauunternehmen die bedungenen Leistungen nicht in vollem Umfang im vertraglich vereinbarten Zeitraum erfüllen, sodass es kurz vor Ende der vereinbarten Fertigstellungsfrist beim beklagten Architekten die Freigabe verschiedener Zusatzangebote für "von ihm gewünschte, teils geänderte Leistungen" urgierte. Nachdem der beklagte Architekt sodann auf die ausstehenden und fehlerhaften Vorgewerke, sowie nicht beglichene Teilrechnungen aufmerksam gemacht worden war, forderte das Metallbauunternehmen zur Herstellung des zur Realisierung des Bauprojekts notwendigen Zustands, zur Begleichung der übermittelten Teilrechnungen und zur Freigabe der ausstehenden Nachtragsangebote bei sonstigem Rücktritt auf. Noch vor Ablauf der eigens gesetzten Frist erklärte das Metallbauunternehmen schließlich den Vertragsrücktritt und stellte die Bauarbeiten ein.

 

Dieser Sachverhalt ermöglicht es, das Rücktrittsrecht des Werkunternehmers wegen unterlassener Mitwirkung des Bestellers in seinen mannigfaltigen Aspekten zu beleuchten. Wenngleich es zwischen den Parteien keine explizite Vereinbarung gegeben hat, ergibt sich aus der Natur des gegenständlichen Vertragsverhältnisses, dass der beklagte Architekt für eine entsprechende Koordinierung der verschiedenen Gewerke hätte sorgen und die für die Bauausführung notwendigen Entscheidungen (Details, Freigabe von Zusätzen, etc.) rechtzeitig hätte veranlassen müssen. Weiters wäre es seitens des Architekten notwendig gewesen, diesen Mitwirkungsobliegenheiten nachzukommen, um die Errichtung der Metallfassade zeit- und fachgerecht erwirken zu können. Auch dem Erfordernis, dem Werkbesteller eine angemessene Nachfrist vor Rücktritt vom Vertrag zu setzen, ist das Metallbauunternehmen nachgekommen. In conclusio ist der Werkunternehmer im vorliegenden Fall somit unter Berücksichtigung aller Voraussetzungen des § 1168 Abs 2 ABGB rechtswirksam vom Vertrag zurückgetreten und hat seinen – um die Ersparnisse zu vermindernden – Werklohnanspruch behalten.

 

Für die berufliche Praxis ist festzuhalten, dass die den Werkbesteller treffenden Mitwirkungsobliegenheiten in diversen Ausprägungen auftreten können. Möchte man sicherstellen, dass diesen nachgekommen wird bzw. ein Rücktritt klar begründbar ist, bietet es sich an, vor Leistungserbringung eine entsprechende schriftliche Vereinbarung abzuschließen. Kommt der Werkbesteller diesen Obliegenheiten letztlich nicht nach, hat der Werkunternehmer die Möglichkeit, unter Setzung einer angemessenen Nachfrist vom Vertrag zurückzutreten.

 

Madeleine Buric, Simon Zumtobel






 
 
 

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