Wertsicherungsklauseln
- Pflaum Partner
- 23. Sept.
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Aktualisiert: vor 2 Tagen
Zur Kontrolle von Wertsicherungsvereinbarungen im außerstreitigen Mietzinsüberprüfungsverfahren
Das außerstreitige Mietzinsüberprüfungsverfahren verschafft den Mietern einer Wohnung im Vollanwendungsbereich des MRG die Möglichkeit, die Angemessenheit des vereinbarten oder begehrten Hauptmietzinses von einem Gericht auf relativ unkomplizierte Weise überprüfen zu lassen. In den größeren Städten (z.B. Wien, Graz, Salzburg, Linz) ist für eine solche Überprüfung die Schlichtungsstelle vorgeschaltet. Angesichts der Teuerung der letzten Jahre und der daraus resultierten Wertanpassungen der Mietzinse ist es nicht verwunderlich, dass Mieter:innen auch in diesen Verfahren versuchen, die Wertsicherungsklauseln in ihren Mietverträgen zu bekämpfen, um so ihren Mietzins zu senken. Dabei stützen sich die Mieter:innen in ihrer Argumentation gerne auf die derzeit in aller Munde befindliche Unzulässigkeit von Wertsicherungsklauseln wegen möglicher Verstöße gegen das Konsumentenschutzgesetz. Mit dieser Thematik hatte sich auch der OGH in seiner Entscheidung 5 Ob 166/24h auseinanderzusetzen.
Folgender Sachverhalt lag dieser Entscheidung zugrunde:
Der Antragsteller – Mieter einer Wohnung mit befristetem Mietvertrag – beantragte bei der Schlichtungsstelle die Überprüfung des vorgeschriebenen (wertgesicherten) Hauptmietzinses. Dieser sei (unter anderem) wegen der Mietzinsanhebungen aufgrund der Wertsicherungsvereinbarung teilunwirksam. Weiters begehrte er festzustellen, in welchem Ausmaß die erfolgten Mietzinsanhebungen das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten hätten und damit im Sinne des § 16 Abs 9 MRG unwirksam seien.
Die Schlichtungsstelle hatte dem Antrag teilweise stattgegeben, woraufhin die Antragsgegnerin das das Verfahren an das Gericht zur neuerlichen Entscheidung abzog. Auch das Erstgericht bestätigte eine Überschreitung des zulässigen Mietzinses. Das Rekursgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes ab und stellte zusätzliche Überschreitungen fest. Dabei ging es davon aus, dass die im Mietvertrag enthaltene Wertsicherungsvereinbarung gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB sei und § 6 Abs 2 Z 4 KSchG widerspreche. Sämtliche auf die Wertsicherungsvereinbarung gestützten Erhöhungen des Hauptmietzinses seien daher unwirksam. Es sei daher ausschließlich der zu Beginn des Mietverhältnisses zulässige Richtwertmietzins maßgebend. Dagegen richtete die Antragsgegnerin ihren außerordentlichen Revisionsrekurs.
Der OGH hat in seiner rechtlichen Beurteilung dazu Folgendes erwogen:
Ergibt sich durch die Anwendung einer Wertsicherungsvereinbarung ein höherer Hauptmietzins als nach § 16 Abs 1 bis 7 MRG zu diesem Zeitpunkt zulässig, so ist der übersteigende Teil unwirksam (§ 16 Abs 9 MRG). Die den gesetzlich zulässigen Mietzins übersteigende Vorschreibung – nicht aber die Wertsicherungsvereinbarung als solche – ist unwirksam.
In einem Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG iVm § 16 Abs 8 und Abs 9 MRG wird daher nicht die (Un-) Wirksamkeit einer Wertsicherungsvereinbarung nach allgemein zivilrechtlichen Kriterien an sich geprüft, sondern nur die Zulässigkeit des danach angehobenen Hauptmietzinses nach den zwingenden mietrechtlichen Vorgaben. Das Außerstreitgericht (bzw. die Schlichtungsstelle) hat als Vorfrage lediglich zu klären, ob überhaupt eine entsprechende Wertsicherungsvereinbarung als Voraussetzung für die Anhebung des Mietzinses vorliegt. Dafür reicht es grundsätzlich aus, wenn diese ausreichend bestimmt ist.
Die Klärung, ob eine Wertsicherungsvereinbarung (insbesondere ihr Zustandekommen oder ihr Inhalt) nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen zulässig ist, bleibt demgegenüber dem streitigen Rechtsweg vorbehalten. Somit können beispielsweise eine gröbliche Benachteiligung der Mieter:in gemäß § 879 Abs 3 ABGB oder eine Nichtigkeit wegen Verstößen gegen den Verbraucherschutz (z.B. § 6 Abs 2 Z 4 KSchG) aufgrund der Unzulässigkeit des Rechtsweges nicht im Außerstreitverfahren geltend gemacht werden. Es hat daher auch keine amtswegige Klauselkontrolle durch das Außerstreitgericht (bzw. die Schlichtungsstelle) zu erfolgen.
Aufgrund dieser Erwägungen ist der OGH zum Ergebnis gelangt, dass das Rekursgericht seine Kognitionsbefugnis überschritten hat, indem es die gesamte Wertsicherungsvereinbarung als unwirksam beurteilte und als gesetzlich zulässigen Hauptmietzins nur den zum Zeitpunkt des ursprünglichen Mietvertragsabschlusses geltenden Richtwert inklusive Zu- und Abschlägen ansah. Er gab daher dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin Folge und stellte den erstgerichtlichen Sachbeschluss wieder her.
Fazit:
Die Entscheidung des OGH kommt besonders den Schlichtungsstellen und Außerstreitgerichten entgegen, da diese sich nicht mehr mit den oft komplexen Fragen zur Zulässigkeit von Wertsicherungsklauseln nach zivilrechtlichen Regelungen beschäftigen müssen. Dies trägt natürlich auch dazu bei, dass die außerstreitigen Überprüfungsverfahren rascher erledigt werden können. Für die Vermieter:innen bedeutet die Entscheidung ebenso eine Erleichterung: Sie müssen nicht mehr befürchten, dass die Mieter:innen im Überprüfungsverfahren allenfalls auch die Ungültigkeit der gesamten Wertsicherungsklausel durchsetzen können und dadurch hohe Rückforderungstitel schaffen. Für die Mieter:innen bedeutet diese vom OGH vorgenommene Abgrenzung hingegen eine Hürde bei der Geltendmachung des zu viel bezahlten Mietzinses. Möchten Mieter:innen nun die Ungültigkeit der gesamten Wertsicherungsklausel (und die daraus resultierenden Überzahlungen) geltend machen, müssen sie dafür im streitigen Rechtsweg klagen, was mit höheren Risiken und einer anspruchsvolleren Prozessführung verbunden ist. Die Angemessenheit des Mietzinses kann aber weiterhin nur im Außerstreitverfahren überprüft werden. Die Führung von zwei Verfahren bedeutet für die Mieter:innen unweigerlich eine zusätzliche Erschwernis bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche.
David Steiner






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