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Unmittelbare Zuleitung von Niederschlags-/ Oberflächenwasser

  • Pflaum Partner
  • 24. Sept.
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 2 Tagen

Was gilt, wenn die unmittelbare Zuleitung von einer Gemeindestraße ausgeht?


Im Anschluss an die in der medialen Berichterstattung österreichweit hervorgehobenen Starkregenereignisse im September 2024 sind im vergangenen Jahr immer wieder massive Feuchtigkeitsschäden von Betroffenen gemeldet worden. Die unterschiedlichen Schadensbilder reichen dabei von Durchnässungen an Bauwerken bis hin zu verheerenden Schäden durch Vermurungen und Hangrutschungen in einigen Gebieten Österreichs. Die Ursachen für solche Feuchtigkeitsschäden sind oftmals sehr unterschiedlich. Im Zuge der Ursachenforschung stellt sich mitunter die Frage, ob insbesondere Schäden durch Hangrutschungen oder Vermurungen durch das Zuleiten von Niederschlags- bzw. Oberflächenwasser verursacht worden sind. Insbesondere durch die Zuleitung konzentrierter Wassermengen auf eine Nachbarliegenschaft zB in Zusammenhang mit der Errichtung einer Abflussrinne, verschiedener Schächte, Rinnen, Kanäle, Rohre oder Versickerungsmulden, kann die Standfestigkeit des Bodens und darauf befindlicher Bauwerke erheblich beeinträchtigt werden.

 

Für die Betroffenen stellt sich dann die Frage, wer als Verursacher für allfällige Schäden haftet. Rechtliche Spezialfragen ergeben sich zudem, wenn die unmittelbare Zuleitung von öffentlichen Straßen zB von Gemeindestraßen ausgeht. In einer brandaktuellen Entscheidung des OGH vom 23.7.2025 (OGH 3 Ob 103/25 f) erfolgt eine intensive Auseinandersetzung mit dieser speziellen Thematik.

 

Gemäß § 364 ABGB kann der Eigentümer eines Grundstücks dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen etwa durch Abwässer, insoweit untersagen, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen. Nach ständiger Rechtsprechung gelten die nachbarrechtlichen Ansprüche gemäß §§ 364 ff ABGB auch im Verhältnis zwischen einem Privatgrundstück und einer öffentlichen Straße (RS0010565). Sowohl in Bezug auf Privatgrundstücke als auch bei öffentlichen Straßen gilt, dass unmittelbare Zuleitungen von Niederschlags- oder Oberflächenwasser ohne besonderen Rechtstitel unzulässig sind. Nach der Rechtsprechung ist unter einer unmittelbaren Zuleitung eine solche zu verstehen, die durch eine "Veranstaltung" bewirkt wird, die für eine Einwirkung gerade in Richtung auf das Nachbargrundstück hin ursächlich ist (RS0010635). Eine unmittelbare Zuleitung erfordert dabei kein zielgerichtetes Verhalten des Liegenschaftseigentümers, setzt aber voraus, dass durch den belangten Nachbarn überhaupt eine (mehr als bloß geringfügige) Veränderung der natürlichen Ablaufverhältnisse erfolgt (RS0117337).

 

Nach der Rechtsprechung kommt es daher darauf an, ob Nachbarn zB durch Errichtung von Ablaufrinnen, Schächten, Kanälen oder Versickerungsmulden (RS0010546) in die natürlichen Ablaufverhältnisse eingreifen und dadurch kausal Schäden entstehen. Liegenschaftseigentümer sind daher jedenfalls gut beraten vor Überprüfung möglicher technischer bzw bodenmechanischer Auswirkungen keine Zuleitungen von konzentrierten Wassermengen auf Nachbargrundstücke zu veranlassen. Gegen private Liegenschaftseigentümer, die Wassermengen konzentriert zuleiten, sind primär Unterlassungsansprüche und bei Verschulden auch Schadenersatzansprüche durchsetzbar.

 

Bei Grundstücken, die als "behördliche Anlage" im Sinne des § 364a ABGB zu qualifizieren sind (darunter fallen auch öffentliche Gemeindestraßen), sieht der Gesetzgeber grundsätzlich die Möglichkeit eines Unterlassungsanspruchs nicht vor. Hintergrund ist, dass bei solchen behördlichen Anlagen in aller Regel im Vorfeld die Durchführung eines öffentlich-rechtlichen Genehmigungsverfahrens vorgesehen ist. Als Ausgleich für die Einschränkung des Unterlassungsanspruchs aufgrund einer behördlich genehmigten Anlage, steht dem Nachbarn bei kausaler Verursachung von Schäden ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch (Eingriffshaftung) zu, der den entstandenen Schaden bei Vorliegen einer unzulässigen unmittelbaren Zuleitung abgelten soll.

 

Es sind jedoch auch zahlreiche landesgesetzliche Vorschriften bezüglich öffentlicher Straßen zu berücksichtigen, so z.B. § 21 Abs 3 Oö StrG oder § 14 Abs 2 Ziff. 3 NÖ StrG. Die landesgesetzlichen Vorschriften normieren zumeist, dass Nachbarn den freien (nicht gesammelten) Ablauf von Niederschlags- bzw. Oberflächenwasser von öffentlichen Straßen zu dulden haben. In der zitierten Entscheidung des OGH vom 23.7.2025 (OGH 3 Ob 103/25 f) hat sich das Höchstgericht mit einer solchen landesgesetzlichen Duldungsverpflichtung gemäß § 14 Abs 2 Ziff 3 NÖ StrG im Detail auseinandergesetzt. Sukkus der Entscheidung ist, dass Nachbarn unmittelbare Zuleitungen von Niederschlags- bzw. Oberflächenwasser von einer öffentlichen Straße gemäß § 14 Abs 2 Ziff. 3 NÖ StrG bis zu einem gewissen Maß  und soweit ein freier (nicht gesammelter) Ablauf von Wasser erfolgt, dulden müssen. Gesammelte bzw konzentrierte Wassermengen, die geeignet sind, eine Beeinträchtigung der Standsicherheit des Bodens oder von Bauwerken zu verursachen oder sogar zu Gefahren für Personen führen, sind auch wenn sie von öffentlichen Straßen ausgehen, nicht zu dulden. In solchen Fällen kann daher bei Vorliegen einer unzulässigen unmittelbaren Zuleitung Unterlassung und bei kausaler Verursachung zB durch eine Gemeinde auch verschuldensunabhängiger Schadenersatz für bereits entstandene Schäden gefordert werden.


Betroffene sind daher gut beraten, bei vergleichbaren Sachverhalten bei denen Niederschlags- bzw. Oberflächenwasser von Nachbarliegenschaften zugeleitet wird, die Sach- und Rechtslage prüfen zu lassen, damit sich mithilfe fundierter rechtlicher Unterstützung ein allfälliger nachbarrechtlicher Streit bereits im Frühstadium verhindern lässt.

 

Arian Akhtarshenas




 
 
 

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